Fundstücke aus dem Landesarchiv Berlin, Folge 18

Fundstücke aus dem Landesarchiv Berlin, Folge 18

Wie sich schon Ende 1947 angedeutet hatte, erfolgte 1948 eine Umstrukturierung des OSW, aber erst so richtig los ging es nach der offiziellen Integration des HF (Oberspree), d.h. des OSW in die SAG „Isolator“ zum 1. Oktober 1948.[1]

Vorher blieb alles weitgehend beim alten, wie es unter Major Wildgrube üblich gewesen war. Geschockt von der Schelte durch Major Wildgrube im November 1947 und der Forderung nach einem effizienten Kontrollsystem der Fertigwaren war im OSW eine neue ‚Fehler-Tabelle‘ entworfen worden, die Mitte März 1948 dem Major Tscherepnin übermittelt wurde. Diese neue Tabelle stieß ab nicht so richtig auf Begeisterung beim Major, da alle techn. Unterlagen und auch die Ausfallstatistik des OSW auf der alten Fehlertabelle beruhten. „Wenn es notwendig ist, neue Fehlergruppen zu erfassen, so muss man die alten Tabellen durch neue Nummern ergänzen.“[2] Leider finden sich keine Hinweise, in welcher Funktion Major Tscherepnin weisungsberechtigt war, offensichtlich gehörte er schon zum Team der sowjetischen Werkleitung unter Major Wildgrube und war auch noch im März 1948 für das OSW zuständig.

Erst ab Oktober/ November 1948 erfolgten zunächst organisatorischen Umstrukturierungen im OSW, als Erstes die Einrichtung eines Vertriebsbüros. „Die Richtlinien der neuen russischen Leitung zielen darauf hin, dass unsere Fabrikate auch in der russischen Zone, in Deutschland und wenn es geht auch im Ausland abgesetzt werden sollen. Es ist dabei sogar gedacht, unsere Fabrikation im Rahmen ihrer Möglichkeiten den Bedürfnissen der russischen Zone und Deutschlands anzupassen.
OSW hat bisher mit geringen Ausnahmen nur für Russland gefertigt, entwickelt und geliefert. Dementsprechend hat sich das OSW organisiert. Es entstand eine Planungsstelle und ein Lieferbüro, die ganz den Wünschen der Herren Wildgrube und Olenin angepasst waren.
Diese beiden Stellen sind für das, was neu geplant ist, ungeeignet.
Wir brauchen jetzt einen ‚Vertrieb‘. Dieser muss dem Kunden im Hause repräsentieren. Er muss sich um die Marktlage des uns interessierenden Gebiets kümmern, muss zur gegebener Zeit entsprechende Werbung treiben.“[3]

Der neu einzurichtende Vertrieb sollte neben der Kundenakquisition vor allem für Bestellungen und Lieferungen zuständig sein.  Der Vertrieb sollte (realistische) Termine mit dem Kunden absprechen, nach denen sich Fertigungswerk und Versuchswerk zu richten hatten.

Ein Problem bei dieser Planung war aber der Kunde ‚Russland‘, der offensichtlich recht kurzfristig Lieferungen verlangte. „Unser Hauptliefergebiet wird vorläufig Russland bleiben. Es wird sich deshalb nicht umgehen lassen, dass wir mit Zustimmung der russischen Leitung Risiko-Aufträge hereinnehmen, (damit unsere Fertigung und unsere Entwicklung nicht stillsteht), die erst später durch Reparationsaufträge abgelöst werden.“[4] Soweit der Vorschlag von Herrn Gruner, dem Nachfolger von Bechmann im Amt des deutschen Werkleiters des OSW, in einem Schreiben an die Abteilungsleiter im OSW vom 9. November 1948. Auch Gruner hatte wie Bechmann zur ‚Grundausrüstung‘ des LKVO als Leiter der Abt. Bauelemente gehört und war nicht im Oktober 1946 in die Sowjetunion verfrachtet worden.
In diesem Schreiben sind wichtige Probleme des OSW schon angesprochen, die bis 1950 das Werk belasten sollten. Zum einen die Abhängigkeit von russischen Auftraggebern, die gern kurzfristig irgendetwas bestellten und auch mal genauso kurzfristig Aufträge wieder stornierten, und die Erwartung, dass das OSW neue deutsche Kunden in der SBZ und möglichst in ganz Deutschland gewinnen sollte. Letzteres war wesentlich leichter getan als gesagt, hatte die Sowjetunion doch selbst mit der Berlin-Blockade ab Juni 1948 dafür gesorgt, dass die anderen Zonen Deutschlands nicht mehr als Handelspartner infrage kamen. Und die Blockade führte nicht nur zu Absatzschwierigkeiten für Fertigwaren des OSW, sondern auch zu Produktionshindernissen.

(Fortsetzung folgt)

Das Foto zeigt das Röntgenröhrenlager und stammt aus dem Fotoalbum des LKVO aus dem Frühjahr 1946.

[1] Vergl. Geschäftsbericht für 1948, S.1, LAB, Rep. C 404, Nr. 154

[2] Schreiben von Major Tscherepnin an den technischen Direktor Lorentz vom 22.3.1948, LAB, Rep. C 404, Nr.6, o.P.

[3] Schreiben von Werkleiter Gruner an die Abteilungsleiter im OSW vom 9.11.1948, LAB, Rep. C 404, Nr.6, o.P.

[4] Ebd.

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