Braucht das WF Kunstausstellungen? 7 Jahre Kleine Galerie im WF-Kulturhaus WF,
lautete die Überschrift eines längeren Artikels von Wolf Lippitz im WF-Sender Nr. 16/89 (3. Aprilausgabe).
Von Mai 1983 bis September 1989 gab es die „Kleine Kunstgalerie“ im WF-Kulturhaus. Diese Galerie wurde ehrenamtlich von Wolf Lippitz geleitet, der im WF hauptberuflich im Direktorat Qualitätssicherung arbeitete, privat aber ein großer Kunstliebhaber und -kenner war. Er war gut vernetzt in der Künstlerszene, über die Ostberliner Stadtgrenzen hinaus, und hatte auch Unterstützer in der Akademie der Künste und beim Verband Bildender Künstler der DDR.
Insgesamt fanden von 1983 bis 1989 32. Kunstausstellungen in dieser „Kleinen Galerie“ statt, alle im Ein-Mann-Betrieb in der Person von Wolf Lippitz organisiert. Er kümmerte sich um die Konzeptionen der Ausstellungen, pflegte die Kontakte zu Künstlern, formulierte und schrieb die Texte für alle Faltblätter und die Pressemitteilungen, kümmerte sich darum, dass sie vervielfältigt wurden, fotografierte die ausgestellten Bilder für die Presseinformationen, holte die Exponate ab und brachte sie nach Ausstellungsende zurück, schnitt Passepartouts, rahmte die Arbeitenund hängte sie auf und wieder ab, fertigte Einladungen an und hielt Vorträge bei den Vernissagen, alles neben seiner hauptberuflichen Tätigkeit.
Ursprünglich war geplant gewesen, bei der ersten und zweiten Ausstellung, zu der der Magistrat Gemälde als Leihgaben beigesteuert hatte, diese jeweils rd. 9 Monate hängenzulassen, um den Besuchern Gelegenheit zu geben, sich immer wieder mit den Bildern auseinanderzusetzen. Nachdem sich aber herausgestellt hatte, dass dieses Konzept mangels Besucherinteresse nicht funktionierte, ging Lippitz dazu über, kleinere Ausstellungen, hauptsächlich jeweils mit Werken eines Künstlers, für 6-8 Wochen zu zeigen. Außerdem fertigte er kostenlose Faltblätter dazu an und nutzte auch andere Werbemöglichkeiten, so veröffentlichte auch der WF-Sender seine Ausstellungsankündigungen und brachte auch häufig während der Ausstellungen noch Besprechungen einzelner Werke aus den Ausstellungen, die alle Lippitz verfasst. Auch die BGL-Kulturkommission bemühte sich, über die Ausstellungen in den Gewerkschaftsgruppen zu berichten. Die eine oder andere Kollektiv nutzte nun die Besuche in der „Kleinen Galerie“, um ihr vorgeschriebenes ‚Kulturdeputat‘ zu erfüllen. Auch Betriebsfremde aus Oberschöneweide besuchten diese Ausstellungen. Hin und wieder wurde auch mal eine Grafik verkaufte, was die „Kleine Galerie“ wiederum für Künstler als Ausstellungsort attraktiv machte. Insgesamt fanden 33 Ausstellungen statt, auf denen Werke von insgesamt 65 Künstlern gezeigt wurden.
Finanziell wurde die „Kleine Galerie“ von der Betriebsleitung großzügig unterstützt, aber bei den Vernissagen ließ sich weder ein Mitglied der Geschäftsleitung, noch einer der leitenden Herrschaften in der BGL oder der BPO blicken. Lediglich die Kulturkommission des BGL, in der auch Lippitz Mitglied war, kam regelmäßig.
Aber nicht nur dieses mangelnde Interesse der hohen Herrschaften verärgerte Lippitz, wesentlich frustrierender noch fand er die räumliche Unterbringung der „Kleinen Galerie“. Sie residierte nämlich im Rang des Terrassensaals. „Die Abhängigkeit vom Veranstaltungsablauf im Terrassensaal behindert nicht nur den Auf- und Abbau von Ausstellungen sowie die Eröffnungsveranstaltung (trotz langfristiger Galerie-Planung), sondern schafft somit auch undefinierbare Zugangsmöglichkeiten für Besucher. Schon seit Jahren werden solche Gedanken von mir öffentlich formuliert, doch keine Konzeption enthält auch nur den Ansatz einer Lösung. Die Galerie-Atmosphäre wird auch dadurch gestört, dass diese Räumlichkeit immer wieder als Abstellfläche für dort nicht hingehörende Dinge genutzt wird, und war daher oft für Besucher nicht zugänglich.“
„Und noch etwas hat sich seit langem gezeigt: Eine derartige Galerietätigkeit, mit einem auch von den Künstlern geschätzten Niveau, kann nicht mehr neben einer verantwortungsvollen betrieblichen Aufgabenstellung als ‚Ein-Mann-Unternehmen‘ geleistet werden.“ Entnervt warf Lippitz im April 1989 das Handtuch und kündigte an, dass er noch die nächsten drei bereits geplanten Ausstellungen betreuen würde, dann aber seine Tätigkeit als Galerieleiter einstellen werde. „Wenn es also ein tatsächliches Bedürfnis des Betriebes ist – hierüber könnte eine öffentliche Diskussion Aufschluss geben -, Kunstausstellungen im eigenen Kulturhaus zu präsentieren, muss rasch gehandelt werden, denn es gilt dann, die bisherige Galeriearbeit durch geeignete Kräfte möglichst nahtlos fortsetzen zu lassen.“
Die Diskussion fand wohl nicht statt, denn es fand sich kein Nachfolger für Lippitz und die „Kleine Galerie“ wurde Ende September 1989 geschlossen.
In gewisser Weise setzen der Industriesalon und der Kurator der dort stattfindenden Ausstellungen, Albert Markert, die Tradition der „Kleinen Galerie“ im WF-Kulturhaus fort.
(Fortsetzung folgt)