Woran wurde im NEF zunächst gearbeitet?
In dem im Sommer 1946 für die sowjetischen Vorgesetzten, die es vermutlich an das sowj. Kommunikations-Ministerium weiterreichten, angefertigten Fotoalbum findet sich folgender Einleitungstext: „In dem auf dem Gelände des Werkes FAO AEG gelegenen Büro, das sich in Berlin Oberschöneweide, Ostendstraße 1-5 befindet, werden Apparaturen aller Art hergestellt.
Vor dem Büro liegt die Aufgabe, neue Arten von Geräten für Leitungsverbindungen zu bearbeiten, Muster zu konstruieren und herzustellen, den technologischen Prozess vorzubereiten, spezielle Ausrüstungen für sowjetische Betriebe zu konstruieren und herzustellen und mit besonderen Hilfsmitteln Vorseriengeräte herzustellen .
Die Hauptarbeit des Technischen Büros besteht in der Ausarbeitung neuer Arten von Geräten für Fernverbindungen – als universelle Systeme. Die Idee eines universellen Systems, das während des Krieges von deutschen Spezialisten vorgeschlagen wurde, besteht darin, Grundbausteine für die Kombination verschiedener Kommunikationswege zu schaffen, standardisierte Blöcke, die unterschiedliche Verbindungslinien wie etwa: Freileitungen, Kabellinien, Koaxialkabel und Verbindungen über Dezimeterwellen an das Fernmeldesystem anpassen. Das universelle System ersetzt die verschiedenen vorhandenen Arten von Fernmeldegeräten.
Die Vereinheitlichung der Geräte vereinfacht außerordentlich ihre Produktion und Nutzung. Damit bringen universelle Systeme zweifellos ein Interesse zur Angleichung der Schaltungen und Konstruktionen mit sich, insbesondere der Konstruktion besonderer Halbfabrikate.
Die Arbeiten im Bereich der universellen Systeme werden auf die Entwicklung von Grundlagen ausgerichtet, sie führen zur Ausarbeitung prinzipieller Schaltungen, Konstruktionen, technologischer Prozesse und Werkzeugbau.
Das Technische Büro leistet wesentliche Hilfe für sowjetische Werke bei der Entwicklung neuer Systeme der automatischen Telefonvermittlung des Typs „F“ und für Telefonapparate der Firma Siemens und Halske. Auf diesem Arbeitsgebiet beschränkt sich die Arbeit auf das Sammeln der erforderlichen technischen Dokumentation, Technologieentwicklung und Werkzeugbau.
Darüber hinaus führt das technische Büro eine Reihe aktueller Arbeiten auf dem Gebiet der Kommunikation hoher Leistung, der Messtechnik, der Elektroakustik und anderer Bereiche aus.
Das technische Büro umfasst Laboratorien und Konstruktionsbüro, Beschäftigung mit neuen Arbeitsgebieten, experimentelle Abteilungen mit Vorbildcharakter, Technologiebüro, Konstruktionsbüro für spezielle Geräte, Werkzeugabteilung, sowie auch Hilfsdienste.
Zum Arbeiten herangezogen wurde eine Reihe bedeutender deutscher Spezialisten, auf dem Gebiet der Entwicklung und Herstellung von Geräten der Kommunikationstechnik.
Der gesamte Personalbestand des Technischen Büros (ohne russische Spezialisten) zum 01.05.1946 besteht aus 822 Personen.“[1]
Ein undatiertes Organigramm des NEF deutet darauf hin, dass ursprünglich noch wesentlich mehr Entwicklungsabteilungen geplant gewesen waren. Durchgestrichen sind in diesem Plan der Betriebsstruktur, der vermutlich Anfang 1946 entstand, die Abteilungen Handvermittlung, Wählervermittlungen und Weitsprechgeräte, ebenso WL- und Kdo-Anlagen und Drahtfunk.[2]
Im Sommer 1946 hatten sich verschiedene Entwicklungsbereiche herausgebildet: Fernmeldeanlagen mit den Unterabteilungen Amtstechnik, Stromversorgung und Messtechnik (Messgeräte-Entwicklung und -Prüfung), Übertragungsgeräte mit den Unterabteilungen Verstärkertechnik, Trägerfrequenz, Filtertechnik, TF-Endgeräte und EW-Telefonie, Bereich Telegrafiegeräte, Bereich Planung und Erprobung mit den Unterabteilungen Netzplanung, Leitungsfragen und Systemplanung, das Konstruktionsbüro mit den Unterabteilungen Teilnehmer u. Vermittlungstechnik, Verstärker- und Trägerfrequenztechnik, Bauteile, mechanische Konstruktion und Zeichenstelle, des Weiteren gab es noch die Technische Stelle für Bauunterlagen und die Normenstelle.
Im Bereich Teilnehmer- und Vermittlungsgeräte wurden im Sommer 1946 noch die Unterabteilungen Fernsprechakustik, Handvermittlungen und Wählvermittlungen aufgeführt, aber in den nächsten Monaten bis Dezember 1946 [3] wurde, wie in dem Informationstext auch erwähnt, die Abteilung Elektroakustik ausgebaut und umfasste nun allgemeine Elektroakustik und Elektroakustische Messgeräte, die Handvermittlungen und Wählvermittlungen wurde in die Abt. Vermittlungstechnik zusammengefasst. Reduziert wurden die Unterabteilungen im Bereich Fernmeldeanlagen auf die Unterabteilung Stromversorgung, dafür wurde im Bereich Übertragungsgeräte die Abteilung für Messtechnik angedockt mit den Unterabteilungen Entwicklung von Messgeräten, Prüffeld, Messgeräteverwaltung, elektrische Prüfeinrichtung.
Bei den Übertragungsgeräten verschwand die Unterabteilung TF-Endgeräte, stattdessen gab es nun eine Unterabteilung ‚Frequenzumsetzer‘.
Der Bereich Telegrafie-Geräte wurde um die Unterabteilung Fernschreiber ergänzt, wobei es vorwiegend darum ging, Fernschreiber von Siemens ‚nachzuentwickeln‘.[4]
Auch der Konstruktionsbereich wurde etwas umorganisiert. Aus der Unterabteilung Teilnehmer u. Vermittlungstechnik wurden die Abt. Telegrafie und Fernsprech-Wählanlagen, aus Verstärker- und Trägerfrequenztechnik Übertragungsgeräte, und statt Bauteile und mechanische Konstruktion gab es jetzt die Abt. Messgeräte-Teile und Verdrahtung. Aus der Zeichenstelle wurde die Zeichnungskontrolle.
Zur technischen Stelle kam die Abt. Musterbau zu den Bauunterlagen hinzu.
Bei dieser Struktur blieb es dann wohl weitgehend bis 1949.
(Fortsetzung folgt)
Das Foto aus dem NEF-Album vom Sommer 1946 zeigt „Muster von Halbfabrikaten, die auf Lager sind“.
[1] NEF-Album, Sommer 1946, S.3. Original in Russisch, übersetzt von Wolfgang Mögling (Industriesalon Schöneweide). https://berlin.museum-digital.de/object/93483?&suinin=29&suinsa=607
[2] Vergl. Organigramm, undatiert, LAB Rep. C404, Nr. 1, o.P.
[3] Vergl. Organigramm, Stand 10.12.1946, LAB Rep. C404, Nr. 1, o.P.
[4] Vergl. HF-Sender Nr. 32, 21.11.1952, S. 2.