Geschichten vom Herrn A. (nicht K.), Folge 2

Geschichten vom Herrn A. (nicht K.), Folge 2



Der Vorschlag der Biene ,,Summ“
„Summ, summ, summ“, machten alle Bienen und waren dabei aufgeregt wie selten. „Sumsumsum“, was war geschehen? Sie waren doch sonst ein ganz friedliches, arbeitsames Bienenvolk und machten ihrem Stammesnamen „Himmelflug“ alle Ehre. Es musste also etwas Besonderes vorgefallen sein. Und das war es schließlich auch. Überall schwirrte das Wort „Honigplan“ herum, und viele waren dabei, die forderten auch für den »Himmelsflug“ einen ,,Honigplan“. „Honigplan, Honigplan“, was ist denn das nun schon wieder? Die Erklärung ließ nicht lange auf sich warten. Mit Bienenwachs wurden die Rinden der Obstbäume beschriftet, und man las in der Bienenschrift: „Unsere Honigproduktion hat noch nicht den höchsten Stand erreicht, es gilt den Kampf allen Produktionsverlusten bei der Honigherstellung anzusagen. Wir bitten euch, durch Verbesserungsvorschläge mitzuhelfen, dieses Ziel zu erreichen. Die Honigplanbrigade.“
War das eine Diskussion. Es summte und brummte in allen Tönen, man konnte kaum noch sein eigenes Gesumme verstehen. „Was tun“, sprach die Biene Zeus. ,,Wo die Vorschläge hernehmen? “ „Ja, wenn man ein Loch hier in unserer Mauer hatte, dann wäre der Weg zum Garten weitaus näher. Man könnte viel öfter hin und her fliegen.“ »Das ist ja ein großartiger Vorschlag, du, den reichen wir ein. Da muss unsere Bienengruppe-BGL sofort Rücksprache mit der Königin nehmen.“
„Und die Blumenhandlung ‚Ewiger Frühling’ müsste um einige Querstraßen vorverlegt werden.“ „Die Waben der Gruppe 5 müssten geräumt werden und nur für die Frühschicht, die für die Entwicklungsaufgaben unserer Honigproduktion verantwortlich ist, zur Verfügung stehen.“
Selbst die Biene „Summ“, die hier für den sauberen Zustand im Bienenkorb verantwortlich war, brachte einen Vorschlag ein. Es sollten, genau wie die Arbeitsbienen, auch die Drohnen ihren Stachel im Tau der Wiesen reinigen und nicht mehr in den Waben. Auch so könnte die Qualität verbessert werden.
Ja, wie gesagt, so kam Vorschlag zu Vorschlag. Insgesamt gingen bei der Honigplanbrigade wohl an die 600 Vorschläge ein, und die Himmelsflügler oder „HF“ler, wie man sie kurz nannte, waren hocherfreut über die Aktivität. Dass natürlich auch Vorschläge von den Drohnen eingereicht wurden, die besagten, man solle von den Menschen fordern, sie sollten das ganze Jahr über Zucker in den Bienenstock tun, dann wäre auch die Honigproduktion rentabler, war selbstverständlich, Man musste sie natürlich aussortieren. Wo bliebe da die Bienenmoral. Die Honigplanbrigade, die sich aus den fleißigsten der Arbeitsbienen, den Drohnen und aus der Königin zusammensetzte, hatte alle Rüssel voll zu tun, denn man sollte, so war der Termin von „oben“ gestellt, zur Sonnenwende mit dem Plan fertig sein. War das ein Gejage im Bienenkorb. Man stöhnte, man ächzte und arbeitete – auch an dem Honigplan. Die Biene Neunja bekam schließlich den Auftrag, nun einmal alles zu sortieren, damit der Erfolg sichtbar wird. Aber der Biene Neunja standen die Flügel zu Berge. Was hat man da nicht alles zusammengeschrieben. Das war ja unmöglich. So konnte man auf keinen Fall den Honigplan herausgeben. Schuld allein war der Termin. Aber mit dieser Feststellung war dem Bienenvolk nicht geholfen. Also wurde radiert, geändert, neu geschrieben, verbessert – und so kam dann doch noch nach Wochen etwas zustande, das mit einem Honigplan Ähnlichkeit hatte.
Aber das war, wie gesagt, der erste Entwurf, und der Biene Neunja war nicht wohl dabei. Die Unterhonigplanbrigaden mussten hierzu unbedingt ihr Einverständnis geben. So verging Woche um Woche. Immer noch musste die Biene Summ sich mit dem schmutzigen Stachelwasser der Drohnen herumärgern.
Ganz verzweifelt war sie schon, bis dann eines Tages die Spinne Krabbel-Krabbel, die bei der Verlegung neuer Antennen fr den UKW-Sender beschäftigt war, sagte: “Wir werden eine Reportage machen.“ Am Freitag, dem 13., brachte sie dann ihr Mikrofon mit und die Biene Summ. Jetzt kam alles an das Licht der Sonnen. Es wurde festgestellt, dass es ein großer Fehler war, dass 1. die Bienen, die Vorschläge eingereicht hatten, keine Antwort erhielten, dass 2. Die Vorschläge zum Teil vom Honigtisch aus bearbeitet und mit Bürokratius bekleckert waren, und 3. der große Teil der Honigplanbrigade gar nicht mitgearbeitet hat.
Ja, es war eben Freitag, der 13. Mehr wollte die Spinne fürs erste gar nicht wissen. Beim Verabschieden sagte sie: „Ich komme mit meinem Funkwagen in sechs Wochen wieder und will hoffen, dass wenigstens die gröbsten Fehler bereinigt sind.“ Und nun geht ein Appell an alle, an die Arbeitsbienen, an die Drohnen und an die Königin: ,,Helft mit, dass auch aus unserem Plan ein klebfester Honigplan wird.“
Wer nun glaubt, es handelt sich hier um den Aktivistenplan des Werkes „HF“, der irrt. Ich bekam nur den Auftrag, für den „HF“-Sender einen Artikel zu schreiben, und da habe ich mir diese Geschichte ausgedacht.“
Gerhard Achtsnicht
Aus: HF-Sender Nr.3, März 1951, S.8

Quelle: https://berlin.museum-digital.de/index.php…
Foto: https://berlin.museum-digital.de/index.php…

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